Mentalität im Tennis: Perfekte Imperfektion?!

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„Ich habe während meiner Karriere 1.526 Einzelspiele bestritten und davon fast 80% gewonnen. Nun habe ich eine Frage an euch. "Wie viel Prozent der Punkte habe ich eurer Einschätzung nach in diesen Spielen gewonnen?“

Für Personen, die nicht im professionellen Tennis tätig sind, könnte die Antwort sehr überraschend sein: Nur 54 %. Kaum mehr als die Hälfte der zu spielenden Punkte. Wie hat es Roger Federer also geschafft einer der größten Tennisspieler aller Zeiten zu werden? Die 54% erwägen ja den Eindruck, dass es offensichtlich sehr unwahrscheinlich ist, dass er 80 % seiner Spiele gewonnen hat.

Es ist nur ein Punkt. Wenn er vorbei ist, ist er vorbei.

In kaum einer anderen Einzelsportart werden so viele einzelne Punkte im Verlauf eines Spiels vergeben. Aus neuropsychologischer Sicht bedeutet dies, dass jeder Punkt potenziell eine Quelle der Freude oder der Frustration sein kann. Die Fähigkeit, Rückschläge zu akzeptieren, Fehler zu überwinden und Punkte loszulassen, die sich so anfühlen, als ob sie „hätten gewonnen werden müssen“, wird von manchen als eine der entscheidenden Eigenschaften angesehen, die die sehr guten Tennisspieler*innen von den ganz großen unterscheiden. Wie Novak Djokovic, der erfolgreichste Grand-Slam-Spieler aller Zeiten, einmal sagte: „Ich denke, der Unterschied zwischen den Spielern, die die größten Champions werden können, und denen, die Schwierigkeiten haben, das höchste Niveau zu erreichen, liegt in der Fähigkeit, nicht zu lange in diesen Emotionen zu verharren. Für mich ist das relativ kurz. Sobald ich es erlebe, akzeptiere ich es. Ich verliere vielleicht kurz die Beherrschung, schreie auf dem Platz, was auch immer passiert. Aber dann bin ich in der Lage, mich wieder aufzurappeln und neu zu starten.“ [2]

Mentale Stärke und mentale erschöpfung.

In der Psychologie wird die Fähigkeit, die eigenen Gedanken, Gefühle und Verhaltensweisen angesichts von Widrigkeiten zu steuern, als mentale Stärke“ bezeichnet [3]. Wissenschaftliche Studien an Tennisspieler*innen haben gezeigt, dass mentale Stärke positiv mit Resilienz und negativ mit Stress verbunden ist [4]. An dieser Stelle ist es wichtig, darauf hinzuweisen, dass die oft als „negative Emotionen“ bezeichneten Gefühle wie Wut der Treibstoff für bessere Leistungen sein können. Wenn man jedoch bedenkt, dass ein Tennismatch bei den Herren in der Regel 2 Stunden und 45 Minuten und bei den Damen 1 Stunde und 20 Minuten dauert [5], wird es ersichtlich, dass diese  Art von Emotionen sehr schnell viel mentale Energie verbrauchen können, wenn sie nicht richtig kanalisiert werden. Hier haben Studien gezeigt, dass die Beeinträchtigung durch mentale Ermüdung mit einer deutlich geringeren Genauigkeit beim zweiten Aufschlag einhergeht [6]. Jede*r Spieler*in ist natürlich anders, aber für manche Menschen is es besser, Energie zu sparen und die Leistung zu verbessern, wenn sie sich darauf konzentrieren, im Moment zu sein, anstatt sich nur auf negative Emotionen zu fokussieren.

Der aufbau mentaler stärke.

Im Laufe der Jahre wurden zahlreiche psychologische Modelle und Methoden entwickelt, die Sportler*innen helfen sollen, ihre Stressreaktionen zu regulieren, sich zu konzentrieren und unter Druck die Fassung zu bewahren – auch an Tagen, an denen sie sich kaputt, ängstlich oder müde fühlen [7,8]. Wir von neuro11 sind überzeugt davon, dass wir die Leistungen von Tennisspieler*innen mithilfe neuropsychologischer Analysen auf und neben dem Platz weiter steigern können. Als Teil davon konzentrieren wir uns auch auf den Aufschlag und den Rückschlag. Aber warum? Es ist kein Zufall, dass die meisten der bestplatzierten Spieler*innen auch in den Top 10 der Rangliste der besten Aufschläger*innen und Rückschläger*innen zu finden sind [9], da diese Schläge als die wichtigsten in einem Ballwechsel gelten. Die Forschung unterstützt diesen Gedanken und zeigt, dass sogar eine frisch erlernte Routine den Sportler*innen helfen kann, einen Leistungsabfall in Situationen mit hohem Druck zu verhindern [10].

Unser Tipp: Konzentriere dich in stressigen Momenten auf das „hier und jetzt“, anstatt dich in „Was-wäre-wenn“-Überlegungen zu verstricken. So lernst du, nach vorne zu blicken und nicht zu hart mit dir selbst ins Gericht zu gehen. Diese Fähigkeit kann dir Energie sparen und im Idealfall deine Leistung verbessern, wenn es wirklich zählt.

#trainyourbrain

Wenn dich dieser Artikel interessiert hat und du mehr zu diesem Thema wissen möchtest, dann kontaktiere uns gerne via info@neuro11.de. Wir freuen uns auf deine Anfrage.

Referenzen

[1] Youtube Video Roger Federer: Link

[2] Interview mit Novak Djokovic: Link 

[3] International Journal of Sport and Exercise Psychology Artikel: Link 

[4] Frontiers in Psychology Artikel: Link

[5] Tennis Match Statistiken: Link

[6] Research Quarterly for Exercise and Sport Artikel: Link

[7] Journal of Social Science Humanities and Literature Artikel: Link

[8] Einführung in das etablierte 4C-model: Link

[9] ATP Aufschlag und Return Rankings: Link

[10] Journal of Applied Sport Psychology Artikel: Link