Der Einfluss des Publikums auf die Leistung beim Dartspielen
- Andreas Schwaab
- Sportarten
„Die Atmosphäre ist so angespannt, wenn Elvis mit einer Portion Pommes hereinspaziert käme, könnte man den Essig auf den Pommes brutzeln hören.“
- Sid Waddell (1940-2012)
Die Popularität von Darts ist zuletzt bemerkenswert gestiegen. Das Finale der PDC-Weltmeisterschaft 2024 wurde mit fast 5 Millionen Zuschauern zum meistgesehenen Event in der Geschichte von Sky Sports, das nichts mit Fußball zu tun hatte [1]. Mit neuen Stars in der Dartszene, die in den letzten Jahren in der Weltrangliste aufgestiegen sind, wie Luke Littler und Luke Humphries, zieht der Sport ein größeres Publikum an als je zuvor. Im Gegensatz zu anderen Einzelsportarten wie Tennis oder Golf, bei denen während des Spiels Ruhe von den Zuschauer*innen erwartet wird, ist das Dartspublikum für seine lebhafte Energie bekannt – es singt, jubelt und buht sogar die Spieler*innen während ihrer Würfe aus. Diese lebhafte Atmosphäre spiegelt die Ursprünge des Sports wider, der traditionell in Pubs gespielt wurde [2]. Dies wirft jedoch eine interessante Frage auf: Beeinflusst ein aktives, lautes Publikum die Leistung der Spieler*innen unter Druck in einem Spiel wie Darts, das motorisch höchste Präzision erfordert?
Social Facilitation: Der psychologische Faktor im Darts
Die meisten Menschen, ob im Sport oder außerhalb, kennen das Konzept von “choking under pressure” – ein Phänomen, das beschreibt, wie erhöhter Druck zu schlechterer Leistung führt [3]. Eine andere Perspektive auf die Auswirkungen von Druck auf die Leistung wird jedoch als “Social Facilitation” bezeichnet [4]. Diese etablierte sozialpsychologische Theorie besagt, dass sich die Leistung vor Publikum abhängig von der Aufgabe entweder verbessert, verschlechtert oder gleich bleibt. Insbesondere einfache, gut eingeübte Aufgaben verbessern sich in der Regel mit einem Publikum, während komplexe oder weniger geübte Aufgaben darunter leiden können. Obwohl das Darts-Werfen fein abgestimmte motorische Fähigkeiten erfordert, kann sie auch als standardisierte, automatische Aktion angesehen werden, weil Würfe immer aus derselben Entfernung und mit nahezu identischer Bewegung stattfinden. So kommt Darts einer „einfachen Aufgabe“ näher als beispielsweise das Putten eines Golfballs.
Studien zeigen, dass professionelle Dartspieler*innen im Durchschnitt nicht unter Druck schlechter performen [5,6]. Es gibt jedoch individuelle Unterschiede, wobei einige Spieler*innen unter den Augen des Publikums ihre Performance verbessern, während andere sich verschlechtern. Das bekräftigt die Theorie von “Social Facilitation” im Dartsport. Die Variabilität zwischen Spieler*innen unterstreicht die Bedeutung der Selbstkenntnis: Man muss die Bedingungen kennen, unter denen man selbst am besten abschneidet. Deshalb interagieren viele Profispieler*innen entweder mit dem Publikum, um Energie aufzubauen, oder signalisieren Ruhe, um den Fokus aufrechtzuerhalten. Sie passen die Umgebung also so an, dass sie ihre optimale Performance bringen können.
Hat COVID-19 die Performance im Dartsport beeinflusst?
Durch die COVID-19-Pandemie nutzten Forscher*innen die Gelegenheit, die Auswirkungen verschiedener Zuschauerbedingungen auf die Leistung professioneller Dartspieler*innen zu untersuchen, indem sie Statistiken von diesen vor keinem Publikum, simuliertem Publikum, und Live-Publikum untersuchten [6,7]. Einer der wichtigsten Leistungsindikatoren im Darts ist der Checkout-Prozentsatz, der angibt, wie viel Prozent der Pfeile man erfolgreich auf ein Doppelfeld (den äußeren rot/grünen Ring) wirft, um ein „Leg“ (ein Spiel, bei dem man von 501 Punkten auf 0 wirft) zu gewinnen. Eine Studie ergab keine eindeutige Auswirkung der Anwesenheit des Publikums auf den Checkout-Prozentsatz [6], während eine andere einen leichten Trend beobachtete: Die Checkout-Prozentsätze waren bei einem Live-Publikum am niedrigsten und ohne Publikum am höchsten [7]. Diese Effekte waren jedoch gering, und die Leistung der Spieler*innen variierte selbst innerhalb derselben Umgebung erheblich, was darauf hindeutet, dass individuelle Unterschiede eine große Rolle spielen. Eine Theorie besagt, dass weniger erfahrene Spieler*innen unter dem Druck das Spiel zu gewinnen mehr Probleme haben, wenn sie auf die anspruchsvollen Doppelfelder zielen. Auf der anderen Seite schneiden sie relativ gut bei Standardwürfen ab, wie dem Treffen der Tripel-20 (dieses Feld bringt die höchstmögliche Punktzahl auf einem Dartboard, sodass Profispieler*innen oft versuchen sie zu treffen) [6,8]. Im Gegensatz dazu sind erfahrene Spieler*innen eher an diesen Siegesdruck gewöhnt, aber ungewöhnliche Umstände wie das Spielen ohne Publikum können sie verunsichern. Selbst Gerwyn Price, der im Gegensatz zu den meisten Profispieler*innen eine seiner besten Saisons während der Pandemie erlebte und später einen Gehörschutz benutzte, um den Lärm der Menge auszublenden, zeigt keine langfristige Beeinträchtigung durch die Ablenkung des Publikums [9]. Dies deutet darauf hin, dass die Dynamik des Publikums zwar die Leistung im Moment beeinflussen kann, die langfristigen Auswirkungen jedoch weniger eindeutig sind.
Unser Tipp: Übe Deinen Sport vor Publikum aus. Bitte Deine Freunde Dich abzulenken, während Du Deinem Sport nachgehst. Auf diese Weise wirst Du besser darin, Ablenkungen auszublenden und konzentriert zu bleiben.
#trainyourbrain
Wenn dich dieser Artikel interessiert hat und du mehr zu diesem Thema wissen möchtest, dann kontaktiere uns gerne via info@neuro11.de. Wir freuen uns auf deine Anfrage.
Referenzen
[1] PDC Finale Artikel: Link
[2] Wikipedia “Darts”: Link
[3] Choking under pressure Artikel: Link
[4] Wikipedia “Social facilitation”: Link
[5] PLOS ONE Artikel: Link
[6] Journal of quantitative analysis in sports Artikel: Link
[7] Scientific Reports Artikel: Link
[8] Journal of Economic Behavior & Organization Artikel: Link
[9] Dartsorakel Blog Artikel: Link