Die positiven Effekte von Meditation

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„Know thyself“

In vielen Sportarten gibt es Momente, in denen die Planung in den Hintergrund tritt und die gesamte Aufmerksamkeit auf den jetzigen Augenblick gerichtet sein muss. Für ein paar Sekunden oder sogar nur Millisekunden kommt es auf perfekte Bewegungsabläufe an. Spielpläne und Taktiken stehen im Hintergrund. Man stelle sich zum Beispiel eine Tennisspielerin vor, die sich auf einen entscheidenden Aufschlag vorbereitet – es bleibt keine Zeit, über den nächsten Satz nachzudenken, wenn dieser Punkt nicht gewonnen wird. Oder einen Fußballer, der nach einem erfolgreichen Dribbling zum Torschuss ansetzt – der Spielstand rückt in den Hintergrund. Hauptsache ist, den Ball perfekt zu treffen.

In solchen entscheidenden Momenten muss der Geist eines Athleten oder einer Athletin vollständig im Hier und Jetzt sein, und die Bewegungen intuitiv fließen. Eine Trainingsmethode, die Athlet*innen auf solche Situationen vorbereitet und zunehmend von diesen genutzt wird, ist die Meditation [1].

Es gibt verschiedene Ansätze.

Während Meditation früher vor allem mit spirituellen oder religiösen Praktiken verbunden wurde, gibt es mittlerweile moderne Ansätze, die in Kliniken und Laboren Einzug erhalten haben und erforscht werden. Auf den ersten Blick erscheint es vielleicht so, als würde man beim Meditieren lediglich Entspannung fördern und den “Kopf abschalten”. Doch tatsächlich ist Meditation ein anspruchsvolles Training für das Gehirn. So sagt beispielsweise Mo Salah über sein mentales Training: „Es ist schwierig, wirklich schwierig, glaub mir. Ich mache das seit ein paar Jahren. Und ich kann Dir sagen, wenn Du Dich nur 15 Minuten allein hinsetzt, bevor Du schläfst oder nach dem Aufwachen, ist das viel härter, als täglich 1,5 Stunden ins Fitnessstudio zu gehen“ [2]. Vielleicht ist diese Art von Training so herausfordernd, weil das Äqui­va­lent der „Muskeln“ dabei bestimmte Gehirnregionen sind, die für emotionale Regulation, optimale Verhaltenskontrolle und selbstreflektierende Prozesse verantwortlich sind [3].

Viele Menschen bemerken oft erst bei einer Meditationssitzung, wie oft ihre Gedanken abschweifen – in Tagträume, vergangene Erinnerungen oder Sorgen über mögliche zukünftige Szenarien. Auch wenn solche Denkmuster nicht grundsätzlich negativ sind, können sie die Leistung beeinträchtigen, insbesondere in Situationen, welche die volle Aufmerksamkeit oder eine schnelle Reaktion erfordern [4,5]. Meditation soll nicht nur helfen, mentale Muster zu erkennen, sondern auch zu verändern. Doch was genau ist Meditation? Werfen wir einen Blick auf einige gängige Techniken [6].

Fokussierte Aufmerksamkeit (Focused Attention)

Wie der Name schon andeutet, steht bei dieser Technik die bewusste und anhaltende Konzentration im Mittelpunkt. Ziel ist es, die Aufmerksamkeit auf ein einziges „Meditationsobjekt“ zu richten. Das können bestimmte Körperempfindungen sein, häufig der Atem, den man an der Nasenspitze wahrnimmt. Wann auch immer Gedanken oder andere Ablenkungen auftreten, versucht man dies möglichst früh zu erkennen und die Aufmerksamkeit wieder auf das Meditationsobjekt zu lenken. Die Forschung hat gezeigt, dass diese Technik die Aufmerksamkeit verbessert und die Anfälligkeit gegenüber Ablenkungen verringert [7].

Achtsamkeitsmeditation (Mindfulness Meditation)

Im Unterschied zur fokussierten Aufmerksamkeit basiert diese Methode auf einer offenen Wahrnehmung und Beobachtung. Dabei werden aufkommende Gedanken, Empfindungen und alle anderen Wahrnehmungen bewusst und detailliert beobachtet, ohne sie zu bewerten. Studien legen nahe, dass diese Praxis die Flexibilität, Anpassungsfähigkeit und Bereitschaft der Aufmerksamkeit verbessert, insbesondere bei unerwarteten Reizen, sowie die Fähigkeit, ablenkende Gedanken zu erkennen und zu regulieren [8,9,10,11].

Körperscan (Body Scan)

In gewisser Weise ähnelt der Körperscan der Meditation mit fokussierter Aufmerksamkeit, nur, dass der Fokus dabei in kontrollierter Weise durch den Körper „scannt“. Die jeweiligen Körperempfindungen werden ohne Bewertung beobachtet. Im Gegensatz zu den anderen Techniken wurden für den Körperscan allein jedoch keine signifikanten Effekte auf kognitive Fähigkeiten nachgewiesen [12].

Es kommt auf Regelmäßigkeit an.

Wie bei körperlichem Training zeigen sich die Vorteile von Meditation nicht nach einer einzigen Sitzung. Kurzes, konstantes Meditieren über mehrere Tage ist essenzieller, als die Länge einzelner Sitzungen. Bemerkenswerterweise können sich bereits nach vier Tagen Meditation erste signifikante Verbesserungen zeigen. Eine Studie mit 20-minütigen Sitzungen berichtete von einer Reduktion von mentaler Erschöpfung und Angstzuständen sowie Verbesserungen in Aufmerksamkeit, visuell-räumlichem Denken, exekutiven Funktionen und weiteren kognitiven Fähigkeiten [13]. Eine andere Studie fand heraus, dass tägliche Praxis über acht Wochen erforderlich ist, um ähnliche Fortschritte in Aufmerksamkeit, mentaler Erschöpfung und Angstzuständen zu erzielen. Darüber hinaus verbesserten sich Gedächtnisleistung und die emotionale Regulation der Teilnehmenden [14]. Erfreulicherweise wurden diese Effekte schon bei kurzen Sitzungen von nur 13 Minuten pro Tag beobachtet. Zusammenfassend erfordert die Erzielung langfristiger Vorteile Wochen konsistenter Praxis. Die gute Nachricht ist, dass jede Sitzung nur etwa 10 bis 13 Minuten dauern kann [15].

Meditation reduziert Stressreaktionen und beeinflusst den Körper.

Ein zentraler Effekt von Meditationsübungen scheint die verbesserte Regulation von Stressreaktionen zu sein [11, 14]. So führten Programme wie die „Mindfulness-Based Stress Reduction“ – ein standardisierter 8-Wochen-Kurs, entwickelt für Kliniken – zu einer Verringerung von wahrgenommenen Stress und vitaler Erschöpfung sowie zu einer Steigerung der Lebensqualität und Achtsamkeit [16]. Viele wissenschaftliche Studien unterstützen die physiologische Wirksamkeit von Meditation bei der Stressreduktion [17]. Bei Meditierenden wird das parasympathische Nervensystem aktiver. Es ist verantwortlich für einen entspannenden Zustand. Außerdem sinken die Cortisolspiegel, also Stresshormone [18,19]. Es gibt viele Studien, die zeigen, dass Meditation das Immunsystem verbessern und Entzündungen reduzieren kann [20].

Lohnt sich Meditation für Dich?

Letztendlich musst Du für Dich selbst herausfinden, ob es sinnvoll ist, regelmäßige Meditationssitzungen in deinen Alltag zu integrieren. Du könntest zunächst die Technik ausprobieren, die Dich am meisten anspricht. Ein weiterer Vorteil der Meditation ist, dass sie keine spezielle Ausrüstung erfordert und der Einstieg heute einfacher denn je ist. Apps wie „Headspace“ oder „Calm“ bieten Starthilfe, während „Waking Up“ zusätzlich Hintergründe zur buddhistischen Philosophie bietet.

Auch die genaue Tageszeit spielt keine entscheidende Rolle. Vielleicht kann Kobe Bryant dich ja inspirieren: „Ich mache es morgens für etwa 10 bis 15 Minuten, und ich finde es wichtig, weil es mich auf den Tag vorbereitet. Es ist wie ein Anker“ [1].

Unser Tipp:

Es gibt keine Mindestdauer für eine Meditationsübung. Eine Minute reicht für den Anfang vollkommen aus, da es eher auf die Wiederholungen ankommt: 

Setze oder stelle Dich hin und halte Deine Wirbelsäule gerade. Alle anderen Muskeln können entspannt werden. Schließe Deine Augen, nimm die Geräusche der Umgebung wahr und spüre Deinen Körper. Konzentriere Dich schließlich auf den Luftstrom, den Du an der Nase wahrnimmst. Versuche, Deine Aufmerksamkeit bei diesen Empfindungen zu halten. Wann immer Du bemerkst, dass Dein Geist abschweift, kehre sanft zu deinem Atem zurück.
Sollte sich das anstrengend anfühlen, ist es ein guter Hinweis, dass Du Dein Gehirn effektiv trainierst.

#trainyourbrain

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Referenzen

[1] Youtube Video Meditationsübungen der LA Lakers Link

[2] Youtube Video Interview mit Mohamed Salah Link

[3] Consciousness and Cognition Artikel Link

[4] Memory & Cognition Artikel Link

[5] Scientific Reports Artikel Link

[6] Wikipedia Artikel “Meditation” Link

[7] Mindfulness Artikel Link

[8] Frontiers in Human Neuroscience Artikel Link

[9] Cognitive Therapy and Research Artikel Link

[10] Mental Health, Religion & Culture Artikel Link

[11] Nurse Education Today Artikel Link

[12] Applied Psychology: Health and Well‐Being Artikel Link

[13] Consciousness and Cognition Artikel Link

[14] Behavioural Brain Research Artikel Link

[15] Nature Scientific Artikel Link

[16] Annals of Behavioral Medicine Artikel Link

[17] Alternative Therapies in Health and Medicine Artikel Link

[18] Physiology & Behavior Artikel Link

[19] Health Psychology Review Artikel Link

[20] Annals of the New York Academy of Sciences Artikel Link